Schöne Utopie

Détails

Ressource 1Télécharger: Leserbrief zu Zorn und Rache.pdf (32.53 [Ko])
Etat: Public
Version: Author's accepted manuscript
ID Serval
serval:BIB_1C13F56C3E78
Type
Article: article d'un périodique ou d'un magazine.
Sous-type
Lettre (letter): communication adressée à l'éditeur.
Collection
Publications
Institution
Titre
Schöne Utopie
Périodique
NZZ am Sonntag
Auteur⸱e⸱s
Wedekind Claus
Statut éditorial
Publié
Date de publication
2017
Pages
15
Langue
allemand
Résumé
Trotz Amokläufe, Blutrache, und anderen Formen von übertrieben ausgelebtem Zorn ist es wohl eine schöne Utopie zu glauben, dass Zorn und Rache grundsätzlich nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun habe und deshalb „Gift für eine Gesellschaft“ sei. Das Gegenteil ist wohl eher die Regel, zumindest gemäss neuster Erkenntnisse aus der Evolutionsbiologie und Spieltheorie. Wenn Zorn dazu führt, dass anderen Schaden zugefügt wird, dann scheint das erst einmal nur destruktiv und unnütz. Auf lange Sicht kann aber der Zorn, den man bei anderen auslösen könnte, das eigene Verhalten stark beeinflussen. Diese Angst vor dem Zorn führt dann typischerweise dazu, dass wir uns insgesamt kooperativer und grosszügiger verhalten. Nimmt man zum Beispiel in einem anonymisierten Experiment, bei dem um Geld und Grosszügigkeit geht, die Möglichkeit zur Rache, dann wird insgesamt weniger grosszügig entschieden und damit auch weniger Wert für die soziale Gruppe kreiert (da ein gewisses Mass an Grosszügigkeit sehr oft Mehrwert kreiert). Dieser Verlust an Mehrwert kann in der experimentellen Situation deutlich höher sein als der gesamte Schaden, der durch Bestrafungen normalerweise entsteht. Zorn und Rache kann also Grosszügigkeit innerhalb sozialer Gruppen fördern und hat damit eine wichtige evolutionäre Funktion. Institutionalisierte Bestrafung (durch Polizei und Gerichte) kann diese Funktion nur zum Teil ersetzen. Ich denke deshalb, es ist möglicherweise irreführend, Zorn und Rache an sich zu verurteilen. Stattdessen sollte man sich wohl darauf konzentrieren, die Ursachen von übertrieben ausgelebtem oder fehlgeleitetem Zorn besser zu verstehen um sie effektiver zu bekämpfen.
Site de l'éditeur
Création de la notice
06/08/2017 12:43
Dernière modification de la notice
20/08/2019 13:52
Données d'usage